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Sehr geehrte Damen und Herren,
jüngste Äußerungen aus Politik und Verwaltung lassen nur einen Schluß zu: Das zarte Pflänzchen Radverkehr soll - noch bevor es überhaupt zur Blüte kommen konnte - bereits im Keim wieder erstickt werden. Aus Sicht der Radfahrverbände EFI und ADFC ist dies eine Entwicklung, die für die gesamte Verkehrspolitik dieser Stadt eine fatale Wirkung haben wird.
Eines der Hauptargumente für den von der CDU eingeläuteten Richtungswechsel ist die Behauptung, in Essen gäbe es keine Radfahrer, wofür solle man da den Autofahrern also Platz wegnehmen. In der Tat gab es in der Vergangenheit in Essen nicht allzu viele Radfahrer, was auch verständlich war, hatte sich Essen doch durch die völlig einseitige und sehr massive Bevorzugung des Autoverkehrs in den 60er und 70er Jahren zur fahrradunfreundlichsten Stadt Deutschlands entwickelt. Dieses Prädikat jedenfalls hatte die Stadt 1991 mit der Verleihung der "Rostigen Speiche" erhalten. Der danach eingeleitete Kurswechsel entpuppte sich leider nur als ein sehr zögerlicher, was sich vor allem darin zeigte, dass man seit der Aufnahme Essens in das Landesförderprogramm "Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden" vor fünf Jahren bislang nur wenig vorweisen kann. Vom geplanten Hauptradroutennetz, welches ein umfassendes Grundgerüst an Radverkehrsan-lagen für das gesamte Stadtgebiet bilden soll, sind bis heute nur rudimentäre Teilabschnitte fertiggestellt geworden.
Trotz dieses bislang äußerst lückenhaften Radroutennetzes ist der Anteil am Radverkehr merklich gestiegen. Vor allem in den Stadtteilen, in denen der Ausbau des Radroutennetzes tatsächlich vorangetrieben wurde, ist dieses besonders sichtbar, was jedoch von den CDU-Politikern wider besseren Wissens ignoriert wird. Neben dieser offenbar ideologisch begründeten Einschätzung wird dann auch noch behauptet, der Radverkehr und hier vor allem die auf der Fahrbahn aufgebrachten Radfahrstreifen würden den Autos zu viel Platz wegnehmen.
Jetzt beabsichtigt die CDU-Fraktion ganz offensichtlich das wenige bislang erreichte sogar wieder rückgängig zu machen - statt die vielen noch bestehenden Lücken zu schließen, propagiert man das Gegenteil! So sollen beispielsweise die Radfahrspuren auf der Schützenbahn und Huyssenallee wieder zu entfernt werden. Investitionen in einen Rückbau - ein geradezu absurder Gedanke! In die gleiche Richtung zielt(e) der Versuch, die gerade begonnene Maßnahme Wittenberg- und Lerchenstraße nachträglich zu torpedieren. Lediglich die Aussicht, Fördergelder zurückzahlen zu müssen, konnte diesem Amoklauf Einhalt gebieten.
Die Verwaltung dieser Stadt spielt in diesem Zusammenhang eine dubiose Rolle. Offenbar in vorauseilendem Gehorsam haben die Leiter des Baudezernates sowie des zuständigen Tiefbauamtes im Rahmen des Haushaltsicherungskonzeptes die Stelle der Fahrradbeauftragten inklusive der daran angegliederten Stellen in einem Positionspapier zum Abschuss freigegeben. Das Papier belegt auch, dass man sich voll und ganz im Klaren darüber ist, welche Folgen diese Entscheidung haben wird: Die Reduzierung sowohl der Öffentlichkeitsarbeit als auch der Zusammenarbeit innerhalb der Arbeitsgemeinschaft "Fahrradfreundliche Stadt" und natürlich die Reduzierung der Zusammenarbeit mit den Radverkehrsverbänden. Ohnehin scheint man letzterer keine Träne nachzuweinen, einer von bislang zwei Arbeitskreisen steht unmittelbar vor der Einstellung. Generell gäbe es dann keine zentrale Anlaufstelle mehr für Anfragen, Beschwerden usw. für die Bürger (und auch für die Politik).
Dieses erscheint besonders perfide, hatte man doch vor Jahresfrist seitens der Verwaltung zum einen mehr Offenheit und Bürgernähe propagiert, zum anderen gerade die Förderung des Radverkehrs zu einem der offiziellen Amtsziele erklärt. Außerdem ist erst zum Jahreswechsel die Stellung der Fahrradbeauftragten aufgewertet worden, indem man diese direkt der Amtsleitung unterstellt hat. Dieser Schritt wird nun nicht nur wieder rückgängig gemacht, es wird offenbar die Sparte Radverkehr gleich mit abgewickelt. Aber das passt gut in das Bild einer Amtsleitung, die seit nunmehr zwei Jahren den Radverkehr heruntergewirtschaftet hat. Die geschilderten Umstände werden wohl dazu führen, dass Essen aus der Arbeitsgemeinschaft "Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden" hinausfliegen wird, wenn man nicht bereits vorher diesbezüglich selber die Segel streicht. Entsprechende Signale vor allem aus der CDU sind nicht zu überhören
Welche Folgen das Vorgehen von Politik und Verwaltung hat, lässt sich bereits jetzt schon absehen. Die propagierten Einsparungen beim Radverkehrs- und Personaletat werden sich bereits kurzfristig ins Gegenteil verkehren. Jeder Verkehrsteilnehmer, der zusätzlich wieder ins Auto steigen wird, belastet finanziell die Stadt in einem weitaus größeren Maße als die Aufwendungen für den Radverkehr. Sei es nun durch den unersättlichen Platzbedarf, welchem mit zusätzlichem Straßenbau entsprochen wird, oder aber durch die Folgen für die Umwelt. Völlig ins Gegenteil verkehrt wird bei dieser Vorgehensweise das von der CDU bei der Kommunalwahl propagierte Motto für mehr Offenheit und Bürgernähe. Bislang hat man nämlich nicht im Ansatz Gesprächsbereitschaft zu diesem Thema signalisiert. Im Gegenteil, die derzeitige Vorgehensweise der CDU ist genauso konspirativ wie die der SPD zu ihren besten Zeiten.
Zu einer der Zukunft zugewandten Stadt- und Verkehrspolitik gehört der Radverkehr einfach dazu. Selbst einige seit vielen Jahren von der CDU regierten Großstädte haben dieses erkannt und handeln dementsprechend. Als Beispiele hierfür seien genannt Krefeld und natürlich Münster. Die Förderung des Radverkehrs ist gleichbedeutend mit einer fortschrittlichen und zukunftsorientierten Stadt- und Verkehrspolitik. Sie ist vor allem verbunden mit einem enormen Plus an Lebensqualität.
Mit fahrradfreundlichen Grüßen
Jörg Brinkmann, EFI Sprecher
Frank Rosinger, ADFC-Vorsitzender
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zuletzt geändert am 03.04.2003